Der Verschwörung auf der Spur
Die zweite Folge von Star Trek Picard gibt es seit dem 31. Januar 2020 bei Amazon Prime zu sehen. Das Erzähltempo wird gegenüber der ersten Episode etwas gedrosselt. Bis auf eine kurze Rückblende zu Beginn gibt es keine Actionszenen. Dafür ist die Episode mit dem Titel “Karten und Legenden” gefüllt mit Dialogen und reichlich Informationen, die einerseits die Handlung voranbringen, andererseits aber auch das Star Trek Universum im Jahr 2399 ausleuchten.
Hinweis: Spoiler für die komplette zweite Episode von Star Trek Picard
Verhängnisvolle Vergangenheit
Zu Beginn der Episode bekommen wir einen Einblick in das Jahr 2385. An dem Tag, an dem der erste Kontakt zwischen Menschen und Vulkaniern gefeiert wird, arbeiten nur noch wenige Menschen auf einer Raumstation auf dem Mars. Die Szene zeigt, wie dort eingesetzte Androiden plötzlich ein Signal erhalten, das anscheinend ihre Programmierung ändert. Vom einen auf den anderen Moment richten sie sich gegen die menschliche Crew.
Das ist der Beginn des Angriffs der synthetischen Lebensformen auf den Mars, der ein zentraler Handlungspunkt der ersten Episode war. Denn schließlich bewegte dieser Vorfall die Föderation dazu, die Evakuierung der Romulaner von ihrem bedrohten Heimatplaneten abzubrechen, und die Erschaffung künstlichen Lebens komplett zu verbieten. Wer die Androiden umprogrammiert hatte, bleibt jedoch erst einmal eine offene Frage.
Das geheimnisvolle Kabal Zhat Vash
In der Gegenwart ist Jean-Luc Picard (Sir Patrick Stewart) damit beschäftigt, die Ereignisse aus der ersten Episode aufzuarbeiten. Aus seiner Sicht ist es seine Bestimmung, den Zwilling von Dahj zu finden. Er fühlt es einfach. Doch anders als der Zuschauer, hat er noch keine Ahnung, wo diese sich aufhält. Zunächst sucht Picard zusammen mit Laris (Orla Brady) die Wohnung von Dahj auf, in der sie zuerst von einer mysteriösen romulanischen Eliteeinheit angegriffen wurde.
Dabei stellt sich heraus, dass Laris früher für den romulanischen Geheimdienst Tal Shiar gearbeitet hat. Sie erzählt Picard von einem Bund der Romulaner, der so geheim ist, dass er bisher als Mythos eingestuft wurde. Die Gruppe mit dem Namen Zhat Vash ist berüchtigt für ihren Hass auf alle synthetischen Lebensformen. Darum vermutet Laris, dass diese Organisation hinter der Jagd auf Dahj steckt. Picards Sorge um den Zwilling scheint mehr als berechtigt.
Von Dr. Agnes Jurati (Alison Pil) erfährt er weiterhin, dass der Zwilling sich nicht auf der Erde befindet, und es womöglich noch weitere Klone auf Basis von Commander Data (Brent Spiner) geben könnte. Sie weiß das, weil sie alle Informationen über die Experimente von Bruce Maddox zusammengesucht hat, die dieser in den Laboren des Daystrom Instituts hinterlassen hatte. Der Druck wächst, den Zwilling vor den Romulanern zu finden. Und jetzt weiß Jean-Luc Picard, dass er dafür noch einmal den Weltraum bereisen muss.
Eine gefährliche Reise steht bevor
Doch Picard wäre nicht Picard, würde er sich nicht gewissenhaft auf eine Mission vorbereiten. Er lässt sich von Dr. Benayoun (David Paymer) untersuchen. Dieser hatte schon unter Picard gedient, als der noch das Kommando über die USS Stargazer hatte und noch nicht Captain der USS Enterprise war.
In der Szene werden wir zusammen mit Jean-Luc an das große Finale der siebten und letzten Staffel von Star Trek: Next Generation erinnert. In der 1994 in Deutschland ausgestrahlten Doppelfolge erfuhr Picard, dass er an einem seltenen Gehirndefekt leidet, der dazu führen wird, dass er in hohem Alter zunehmend schneller und deutlich ausgeprägter senil wird, als es bei normaler Alterung der Fall ist. Wann das eintreten könnte, ist jedoch ungewiss.
Die Szene zeigt, dass Star Trek Picard den Nachlass der Serien und Filme ernst nimmt, und um Kontinuität bemüht ist. Vor allem dem von CBS zum Showrunner ernannten Romanautor Michael Chabon ist diese Aufgabe wichtig. Fans wird das sicherlich freuen. Gleichzeitig erhalten Neueinsteiger hier alle wichtigen Informationen, um der Handlung folgen zu können, ohne den Verweis auf vergangene Abenteuer mitkriegen zu müssen.
Die Föderation wurde von Romulanern infiltriert
Von dem drohenden und sicher nicht zu unterschätzenden Einsetzen seiner Krankheit einmal abgesehen, ist Picard allerdings körperlich bereit, um noch einmal auf einem Raumschiff ins All zu fliegen. Doch ein Schiff dafür muss sich dieser erst einmal besorgen. Sein Gerechtigkeitsempfinden führt ihn zunächst zur Föderation. Doch die über sein Verhalten während der Romulaner Krise verbitterte Admiral Clancy (Ann Magnuson) gibt ihm unmissverständlich zu verstehen, dass es für Picard keinen Platz mehr in der Föderation gibt, und diese ihm keines ihrer Schiffe überlassen wird.
Während Picard daraufhin nach anderen Möglichkeiten sucht, erkennen wir in den folgenden Szenen, dass er mit der Bitte an die Föderation einen großen Fehler gemacht hat. Denn Admiral Clancy informiert Commodore Oh (Tamlyn Tomita), eine Vulkanierin und die Leiterin der Föderationssicherheit, über Picards Anliegen. Doch diese arbeitet offensichtlich mit den Romulanern zusammen, die hinter dem Zwilling her sind. Sie gibt die erhaltenen Informationen nämlich sofort an die als Mensch getarnte und im Dienst der Föderation stehende Romulanerin Narissa Rizzo (Peyton List) weiter.
Diese wiederum ist die Schwester des Romulaners Narek (Harry Treadaway), der auf den Borg Kubus geschickt wurde, auf dem der Zwilling unter dem Namen Soji Asha (Isa Briones) als besuchende Wissenschaftlerin tätig ist. Der Romulanische Freistaat hat den Borg Kubus zu einer sogenannten Rückgewinnungsanlage ernannt, und führt dort Experimente an inaktiven Borg durch. Wir sehen wie Soji dabei hilft, deren Implantate zu entfernen, erfahren aber nicht, warum dies geschieht.
Darüber hinaus wird in einem Gespräch zwischen Narek und Narissa die Annahme von Dr. Jurati bestätigt, dass es weitere Klone gibt. Deshalb haben sie Soji noch nicht getötet. Stattdessen soll Narek eine romantische Beziehung mit ihr beginnen, was ihm auch gelingt.
Baldiger Aufbruch zu neuen Ufern
Währenddessen kontaktiert Jean-Luc Picard seine ehemalige Kollegin Raffi Musiker (Michelle Hurd). Er weiß, dass diese ihm ein Schiff beschaffen kann. Sie ist zwar nicht gut auf ihn zu sprechen, und will ihm eigentlich nicht helfen, aber in der letzten Szene überlegt sie es sich schon bei der bloßen Erwähnung einer möglichen romulanischen Verschwörung anders. Was Jean-Luc und Raffi miteinander verbindet, und was genau sie auseinander getrieben hatte, erfahren wir erst einmal nicht.
Ja, die zweite Episode von Star Trek Picard bewirft uns geradezu mit neuen Informationen, Details, und Handlungssträngen. Doch Regisseurin Hanelle Culpepper gelingt es, die Spannung aus der ersten Folge trotzdem zu halten. Zum einen wird das Ausmaß der Verschwörung in dialogstarken Szenen stimmungsvoll ausgebreitet. In diesen brauchen die Schauspielerinnen Ann Magnuson, Tamlyn Tomita und Peyton List nur wenige Momente, um ihren Figuren Leben einzuhauchen.
Zum anderen arbeitet die zweite Folge mit Genuss auf die Rückkehr von Picard auf die Brücke eines Raumschiffs hin. Vor allem eine Szene, in der Jean-Luc für kurze Zeit sein Kommunikator Abzeichen anlegt, wird keinen Fan kalt lassen.