Star Trek Picard – Episode 1 “Gedenken”

Ein Comeback der anderen Art

Star Trek Picard
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Ein Comeback der anderen Art

Nachdem der vierte auf “Star Trek: Die nächste Generation” basierende Kinofilm Star Trek Nemesis 2002 spektakulär floppte, war Schluss mit Jean-Luc Picard und seiner Mannschaft. Patrick Stewart hatte immer gesagt, er würde nicht noch einmal in die Rolle des Captains der Sternenflotte schlüpfen. Es galt als sehr unwahrscheinlich, dass weitere Geschichten rund um die beliebten Charaktere aus Star Trek: Die nächste Generation erzählt werden könnten.

Das änderte sich 2018, als der amerikanische Fernsehsender CBS sich dazu entschied, neben der neuen Serie Star Trek Discovery, weitere Serien und vielleicht auch Filme im Star Trek Universum zu produzieren. Seit dem 23. Januar 2020 gibt es Star Trek Picard hierzulande bei Amazon Prime zu sehen. Die erste Episode trägt den Titel Gedenken. Die Handlung beginnt 20 Jahre nach Star Trek Nemesis.

Admiral Jean-Luc Picard außer Dienst

Im Jahr 2399, ungefähr 20 Jahre nach der Zerstörung der Heimatwelt der Romulaner durch eine Supernova hat der zum Admiral beförderte Jean-Luc Picard sein Amt längst niedergelegt, und zwar aus Protest gegen das Handeln der Föderation. Diese hatte ihm zunächst zugesichert, mit Schiffen der Sternenflotte dabei zu helfen, die Romulaner in einer riesigen Rettungsaktion zu evakuieren.

Doch nach einem Angriff gegen Stationen der Föderation auf dem Mars durch synthetische Lebensformen wurde der Plan wieder verworfen. Folge des Desasters war nicht nur der tragische Tod von Commander Data (Brent Spiner). Es starben auch sehr viele Romulaner, und die Föderation erließ zusätzlich ein Verbot für die Erschaffung synthetischer Lebensformen.

Die Ruhe vor dem Sturm

Star Trek Picard beginnt mit einer bittersüßen Szene, in der Picard und Data zusammen Poker spielen, Tee trinken und Bing Crosby hören. Fans der Serie Star Trek NG werden an die tiefe Verbindung zwischen den beiden Charakteren erinnert. Gleichzeitig fungiert die Szene für neue Zuschauer als Einführung ihrer Freundschaft.

Doch das alles ist im wahrsten Sinne des Wortes nur ein Traum. Er endet mit einer gewaltigen Explosion. Die Realität sieht anders aus: Ein alt gewordener Picard hat sich auf ein abgelegenes Grundstück in Frankreich zurückgezogen, um dort seinen Lebensabend in Ruhe zu verbringen.

Doch der Schein trügt natürlich. Während Picard sich in bedächtiger Rente befindet, wird eine junge Frau namens Dahj (Isa Briones) in ihrer Wohnung von romulanischen Agenten attackiert. Doch der Angriff weckt eine Art Selbstverteidigungsmechanismus in ihr. Sie tötet die Agenten mit Leichtigkeit, doch hat keine Ahnung, warum sie diese Fähigkeiten besitzt. Oder warum sie angegriffen wurde. Die verwirrte Dahj hat aber ein Bild von Jean-Luc Picard in ihrem Kopf. Deshalb spürt sie ihn auf.

Star Trek Picard zeigt uns kaum etwas über Dahj. Die Figur bleibt in der ersten halbe Stunde der ersten Episode blass. Wir wissen nicht, wer sie ist und was an ihr besonders ist. Viele Serien haben damit zu kämpfen, neue Charaktere gut einzuführen. Aber in diesem Fall dürften die spärlichen Informationen über Dahj Absicht sein. Denn so erfahren wir zeitgleich mit Picard, worum es eigentlich geht, als Dahj bei ihm auftaucht und Unterschlupf sucht. Das sorgt für eine gute Grundspannung.

Der Geist von Data

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Es stellt sich heraus, dass Dahj irgendetwas mit dem verstorbenen Data zu tun hat. Picard fühlt von Anfang an eine komische Verbindung zu der verängstigten Frau. Als er realisiert, dass sie genauso aussieht wie eine Frau auf einem Bild, dass Data vor 30 Jahren gemalt hatte, wird ihm ihr Schutz wichtiger als alles andere.

Doch Picard kann Dahj nicht beschützen, als die beiden von romulanischen Agenten gefunden und gejagt werden. Dahj stirbt bei dem Angriff. Die Szene führt uns deutlich das Alter von Picard vor Augen. Auf der Flucht vor den Romulanern kann er kaum mit der jungen Dahj Schritt halten. Sie muss das Kämpfen allein übernehmen. Picard ist zu keinem Zeitpunkt körperlich in der Lage, sie zu unterstützen.

Er überlebt den Angriff und gibt sich selbst die Schuld am Tod von Dahj. Er weiß, dass er zu wenig für sie getan hat. Vor Jahren schon habe er aufgegeben, erzählt er seinen romulanischen Freunden Laris und Zhaban, die bei ihm ein Zuhause gefunden haben. Doch jetzt ist er es Dahj schuldig, ihre Herkunft zu ergründen, und die Verantwortlichen für ihren Tod ausfindig zu machen.

Die perfekte synthetische Lebensform

Picard sucht die Expertin für synthetische Lebensformen Dr. Agnes Jurati (Alison Pill) am Daystrom-Institut auf und erfährt, dass es Dr. Bruce Maddox gelungen ist, eine biologische synthetische Lebensform auf Basis von Commander Data zu erschaffen, die von einem Menschen kaum zu unterscheiden ist.

Ja, es handelt sich um den gleichen Bruce Maddox, der in Star Trek: Die nächste Generation gegen die Aufnahme von Data in der Akademie der Sternenflotte stimmte. Dahj war das Ergebnis seiner Forschung. Der Clou: Sie hatte einen Zwilling.

In der letzten Szene der ersten Episode sehen wir diesen Zwilling auf einer romulanischen Station, die sich als halb zerstörter Borg-Kubus entpuppt. Anstatt Antworten auf bestehende Fragen zu bekommen, werden umso mehr neue aufgeworfen.

Moderne Star Trek Serie mit einem Schuss Nostalgie

Der ersten Folge von Star Trek Picard gelingt es ganz gut, die Gestaltung modern zu halten, dabei aber gleichzeitig den Geist der alten Serie und Filme einzufangen. Die Episode schafft eine gute Balance aus ruhigen Momenten, in denen Patrick Stewart mit seinem schauspielerischen Talent brilliert und flotten, nicht zu hektisch geschnittenen Actionszenen, in denen Dahj ihre Fähigkeiten zur Schau stellt.

Regie führte die fernseherfahrene Hanelle Culpepper, die schon unter anderem an Star Trek Discovery, How To Get Away With Murder und Sleepy Hollow mitgearbeitet hat. Sie weiß, dass es in einer ersten Episode immer vorrangig darauf ankommt, die zweite sehen zu wollen. Und das ist durchaus gelungen.

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