Star Trek Picard – Episode 8 “Bruchstücke”

Das fehlende Puzzlestück

©2020 CBS
  • Originaltitel der Folge: Broken Pieces
  • Regie: Maja Vrvilo

Review & Episodenkritik

Vor dem großen Doppelfinale der ersten Staffel von Star Trek Picard geht es in der achten Episode “Bruchstücke” noch einmal ruhiger und vor allem nachdenklicher zu. In dieser Folge werden Themen wie Schuld und Reue, sowie Determinismus und Freiheit behandelt. Damit steht Star Trek Picard weiterhin in der Tradition von Star Trek Next Generation. Auch dort ging es immer wieder um ethische Fragen.

Zhat Vash auf dem Planeten Aia ©2020 CBS

Die Episode beginnt wie die meisten bisherigen Folgen mit einer Rückblende, die uns eine Menge neues Hintergrundwissen verschafft. Wir sehen wie Commodore Oh (Tamlyn Tomita) im Jahr 2385 auf dem Planeten Aia, der sich in der Mitte eines künstlich erschaffenen Systems aus acht Sonnen befindet, ein romulanisches Ritual durchführt. Sie erzählt den anderen anwesenden Romulanern, unter anderem Narissa Rizzo (Peyton List) und Ramdha (Rebecca Wisocky), von einer Warnung, die von einer unbekannten Rasse vor einigen hunderttausend Jahren hinterlassen wurde.

Es ist dieselbe Warnung, die Commodore Oh im Daystrom Institut Dr. Agnes Jurati (Alison Pil) gezeigt hatte. Sie kündigt die Ankunft von Seb Cheneb, der Zerstörerin an. Wir erfahren, dass die Schattenorganisation Zhat Vash zu einem einzigen Zweck gegründet wurde: Synthetisches Leben zu zerstören, um das Eintreten dieser Apokalypse zu verhindern.

Die Macher von Star Trek Picard nehmen alle Charaktere ernst

©2020 CBS

Auf der La Sirena begegnet die Crew von Jean-Luc Picard (Sir Patrick Stewart) nach dem Heraufbeamen vom Planeten Nepenthe zum ersten Mal der synthetischen Lebensform Soji Asha (Isa Briones). Cristóbal Chris Rios (Santiago Cabrera) wirkt völlig schockiert, als er sie sieht. Doch er verrät nicht, was los ist. Stattdessen verschwindet er in seiner Kabine. Das neue Ziel von Picard ist der nächst gelegene Stützpunkt Deep Space 12. Dort will er sich mit einem Geschwader der Sternenflotte treffen, das Admiral Kirsten Clancy (Ann Magnuson) ihm zusagt, nachdem sie erfährt, dass Picard von Anfang an auf der richtigen Fährte war.

In der Zwischenzeit erfährt Picard von Raffi Musiker (Michelle Hurd), dass Dr. Agnes Jurati einen romulanischen Peilsender in ihrem Körper hatte, Bruce Maddox getötet hat, und wahrscheinlich eine Spionin ist. Die Crew weiß nun aber auch, dass sie den Peilsender absichtlich sabotierte, indem sie sich selbst vergiftete. Als sie später aus dem Koma erwacht, gesteht sie sofort alles vor Picard. Sie erzählt ihm von der Vision. Und nun weiß Picard auch, dass Commodore Oh eine halbromulanische Vulkanierin ist, und gemeinsam mit der Zhat Vash hinter dem Angriff von synthetischen Lebensformen auf den Mars steckte.

Was Commodore Oh mit ihr gemacht habe, hätte sie zu ihren Taten gezwungen. Als Dr. Jurati dann auf Soji trifft, erkennt sie ihren Fehler. Sie bewundert Soji und wie menschlich diese sich verhält. Sie beschließt, sich auf Deep Space 12 freiwillig zu stellen. Mittlerweile sind die Nebencharaktere in Star Trek Picard völlig aus dem Schatten ihrer Funktionen herausgetreten. Das hilft der gesamten Serie dabei, eine eigene Identität zu entwickeln. Die eingestreuten Erinnerungen an alte Zeiten sind schön, aber Star Trek Picard ist zum Glück zu mehr als nur einem Ableger oder Spin Off geworden.

Ruhige, traurige und tiefsinnige Szenen auf der La Sirena

Notfallhologramm Psychogramm ©2020 CBS

Unterdessen versucht Raffi mit Hilfe der Notfallhologramme herauszufinden, warum Rios so bestürzt war, als er Soji erblickte. Die Hologramme sind alle bis zu einem gewissen Grad ein Teil von Rios. Sie tragen Wissen über sein Leben in sich. Die Hologramme sind nur bedingt hilfreich. Aber dafür bekommt Santiago Cabrera die Gelegenheit, sie alle zum selben Zeitpunkt mit ihren unterschiedlichen Akzenten und Persönlichkeiten zu spielen, was sehr humorvoll gelungen ist. Natürlich hat das Ingenieursprogramm einen schottischen Akzent. Fans der originalen Star Trek Serie wissen warum.

Erst als Raffi mit Rios selbst spricht, findet sie dann heraus, dass die USS Ibn Majid, das Schiff auf dem Rios während seiner Zeit bei der Föderation gedient hat, während einer Routinemission in Kontakt mit zwei Wesen unbekannter Herkunft gekommen war. Es stellt sich heraus, dass es sich dabei um zwei synthetische Lebensformen handelte. Und eine von ihnen sah genauso aus wie Soji. Sie trug den Namen Jana. Jana und ihre Begleiterin wurden dann von Captain Alonzo Vandermeer auf Geheiß von Commodore Oh getötet. Danach beging der Captain Selbstmord. Und Rios vertuschte die ganze Sache.

Soji und Picard finden zueinander ©2020 CBS

Währenddessen erzählt Picard der ihm mehr und mehr vertrauenden Soji von Commander Data (Brent Spiner). Er erinnert sich und alle Fans an dessen größte Stärke: Die Fähigkeit unparteiisch und ohne Vorurteile zu sein. Wir schwelgen mit Picard in Erinnerung an die schlechten Witze von Commander Data, wenn er menschlicher wirken wollte als er war, und doch genau dadurch so menschlich wirkte wie alle anderen Offiziere auf der USS Enterprise.

Ja, seine Fähigkeit Emotionen und Gefühle zu verarbeiten und auszudrücken war begrenzt. Aber wie Jean-Luc süffisant eingesteht, geht das vielen Menschen, auch ihm selbst, ebenfalls so. Soji hat Angst, dass ihr Schicksal durch ihre Programmierung bereits vorbestimmt ist. Aber Picard zeigt, dass er immer noch an die Kraft des freien Willens glaubt. Es muss nicht so kommen, wie es alle befürchten, da ist er sich sicher. Damit gibt er auch Soji mehr Vertrauen in sich selbst.

Seven of Nine ist zurück

Seven of Nine und Elnor auf dem Borg Kubus ©2020 CBS

Auf dem Borg Kubus wird Elnor (Evan Evagora) gerade von Seven Of Nine (Jeri Ryan) gerettet, die seinen Hilferuf empfangen hat. In der Gegenwart der geballten Erfahrung und Coolness von Seven of Nine gerät der stoische Krieger kurzzeitig zu einem fast süßen Kind, das einfach froh ist, gerettet worden zu sein. Gemeinsam kehren sie zur Königinnenzelle zurück. Dort reaktiviert Seven of Nine den Borg Kubus. Sie schließt sich an das Netzwerk an, um auf dem Kubus eine Art Mini Kollektiv zu erschaffen, und so die Kontrolle zu übernehmen. Das Vorhaben ist sehr gefährlich, Seven of Nine könnte ihre Identität dabei wieder dauerhaft verlieren. Doch nachdem es den Borg durch die Reaktivierung gelingt, die Kontrolle zurückzuerlangen, lassen sie sie wieder frei. Mehr Seven of Nine bitte!

Der Kurs ändert sich erneut

Auf der La Sirena klärt Raffi die gesamte Crew über alles auf, was sie herausgefunden hat. Soji will daraufhin sofort zu ihrem Heimatplaneten fliegen. Rios ist skeptisch aber Picard schenkt ihr nun das gleiche Vertrauen, dass sie ihm entgegengebracht hat. Sie soll selbst entscheiden. Er will damit sicherlich ihr Gefühl stärken, dass sie eine Wahl hat. Sie muss kein angeblich vorbestimmtes Schicksal hinnehmen. Also legen sie einen Kurs auf Sojis Heimatwelt. Zum Schluss sehen wir noch, dass Narek (Harry Treadaway) sie weiterhin verfolgt.

Die achte Episode von Star Trek Picard enthält wenig Action und doch nimmt die Geschichte Fahrt auf. Regisseurin Maja Vrvilo zeigt, dass sie auch Dialoge spannend inszenieren kann. Dabei kann sie sich auf ihre Schauspieler verlassen, die die Gefühle ihrer Figuren immer besser rüberbringen. Sir Patrick Stewart und Santiago Cabrera sind besonders gut in dieser Folge. Das war die letzte Ruhe vor dem Sturm. Der Showdown der ersten Staffel von Star Trek Picard steht nun an.

Kleinere & größere Mankos vor dem Staffel-Showdown

Es macht den Anschein als ob auf die Schnelle noch Verbindungen geschaffen und Beziehungen aufgeklärt werden müssen.

  • Zu einen fällt die familiäre Beziehung von Narissa Rizzo zu Ramdha etwas zu flach aus. Ramdha, mittlerweile ExB, befindet sich ja noch auf dem Borg-Kubus mit Seven of Nine und Elnor und wird wahrscheinlich im Staffelfinale noch eine für die Dramaturgie nicht unwesentliche Rolle spielen.
  • Apropos Seven of Nine, die Welt der Borg und die der Assimilation. Kann man einfach aus dem Kollektiv – als Königin – aussteigen? Sind die Borg dann überhaupt noch überlebensfähig?
  • Apropos überlebensfähig und dabei noch schnell einen Konflikt lösen. Nachdem Jurati (Alison Pill) aus dem Koma wieder erwacht ist, werden Ihre Befürchtungen was künstliche Lebensformen betrifft, nach nur einem Gespräch mit Soji, ausgeräumt? Und plötzlich beste Freunde?
  • Apropos Freunde und diejenigen auf die man verzichten könnte. Die Notfallhologramme sind wirklich gesellige Kumpels und auch eine süße Idee, aber für einen Augenblick überkam uns der Eindruck, dass Santiago Cabrera (Cristóbal Chris Rios) zeigen sollte, was er als Schauspieler sonst noch, außer Captain, spielen kann.
  • Apropos Captain Chris und die arg konstruierte, unnötige Verbindung. Es ist schon eine kosmische Fügung, dass genau er bei der Begegnung und den daraus folgenden traumatischen Ereignissen rund um die Androidin Jana involviert war.

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